#Menschen 19. September 2024

InnoTrans 2024 – Im Gespräch mit Dirk Flege von der Allianz pro Schiene

Auf der InnoTrans 2024 diskutieren am Dienstag (24. September · 14.00 Uhr · SPITZKE-Stand · Halle 5.2 · Stand 330) im Rahmen eines SPITZKE-Talks Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene e. V. und Mitglied des Sektorbeirats, Bärbel Fuchs, Geschäftsführerin der BEG Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH sowie Vorsitzende des Sektorbeirats, und Torsten Völker, Chief Revenue Officer von SPITZKE, zu den Themen „Infraplan“ und „Sektorbeirat“. Wir haben unseren SPITZKE-TALK-Teilnehmer*innen vorab einige Fragen gestellt.

Hier lesen Sie unser Kurzinterview mit Dirk Flege.

Herr Flege, wie würden Sie aus Sicht der Allianz pro Schiene die Situation unserer Branche beschreiben? Wo stehen wir?

Es ist keine einfache Situation, in der wir uns als Bahnbranche gerade befinden. Hohe Trassenpreise und das jährliche Bibbern um Mittel aus dem Bundeshaushalt machen vielen von uns zu schaffen. Und dennoch ist bei weitem nicht alles schlecht. Wir sind weiter, als wir es noch vor vier, fünf Jahren waren. Wir stecken mitten in einem Umbruch: Seit dem laufenden Haushaltsjahr 2024 hat die Ampel-Regierung die Investitionen für die Schieneninfrastruktur deutlich hochgefahren. Wir gehen neue Wege bei der Sanierung stark ausgelasteter Strecken im Schienennetz, wie jetzt bei der Riedbahn. Es tut sich was auf dem Weg, die Schiene zukunftsfähig zu machen. Aber viele große Baustellen sind noch offen, etwa, welche Schwerpunkte beim Aus- und Neubau auf der Schiene gesetzt werden. Auch mit der Elektrifizierung des Schienennetzes geht es nur im Schneckentempo voran.

Seit Ende Dezember 2023 ist u. a. ein neues Gesetz in Kraft, das Infrastrukturprojekte erleichtern soll. Wie blicken Sie auf das sogenannte Beschleunigungsgesetz* und andere politische Entwicklungen bezüglich der Bahn?

Auch hier stellen wir fest: Grundsätzlich geht es voran, nur nicht immer im erforderlichen Tempo. Wir haben ja intensiv an der Beschleunigungskommission Schiene mitgearbeitet. Das Gremium hat im Dezember 2022 seinen Abschlussbericht an das Bundesverkehrsministerium übergeben, prall gefüllt mit Vorschlägen, wie wir die Schiene schneller und unbürokratischer voranbringen können. Seitdem gab es immerhin die gesetzliche Klarstellung, dass die Elektrifizierung bestehender Bahnstrecken im überragenden öffentlichen Interesse liegt. Das ist gut so. Außerdem wurde erst vor wenigen Wochen im Bundesschienenwegeausbaugesetz geregelt, dass der Bund mehr Verantwortung bei der Finanzierung der Infrastruktur übernimmt. Auch das ist gut. Nun warten wir mit Spannung und durchaus auch Ungeduld auf das Moderne-Schiene-Gesetz. Die Ampel-Regierung sollte es unbedingt noch im Laufe des verbleibenden Jahres verabschieden.

Welche Auswirkungen erwarten Sie für die Industrie, sprich die Projektplanungen und -ausführungen?

Wir erhoffen und erwarten für die Industrie sowie für die gesamte Bahnbranche, dass wir in die Lage versetzt werden, langfristig planen zu können. Bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten auf der Schiene brauchen wir viel mehr Planbarkeit und Sicherheit. Eine mehrjährige Fondslösung wie in der Schweiz wäre auch in Deutschland eine gute Lösung. Darüber hinaus muss der Bund den künftigen Infraplan dazu nutzen, die Entwicklung der Schieneninfrastruktur über mehrere Jahre aktiv zu steuern. Nur so versetzen wir den Sektor in die Lage, das nötige Personal und auch die technischen Voraussetzungen für die großen Baustellen der nahen Zukunft aufzubauen und das zu bewältigen, was in den kommenden Jahren von ihm erwartet wird.

Wenn Sie sich eine ideale Situation unserer Branche, ein Ziel für 2035, ausmalen könnten – wie würde diese bzw. dieses aussehen und welche „Baustellen“ müssten Politik und Industrie dafür angehen

Ich wünsche mir, dass wir bis 2035 deutlich mehr Güter und Menschen auf der Schiene transportieren können, und zwar verlässlich und pünktlich. Dazu muss der Bund eine klare Leitstrategie entwickeln, wie er sein Schienennetz ausbauen und weiterentwickeln will. Das bedeutet, dass der Bund die Finanzierung der Schieneninfrastruktur in ausreichender Höhe mehrjährig sichern muss, und zwar sowohl was den Bestand angeht als auch was den Neu- und Ausbau betrifft. Ich wünsche mir, dass bis 2035 Digitalisierung und Elektrifizierung konsequent vorangetrieben wurden und immer noch werden – und dass für die Realisierung des Deutschlandtaktes klar definierte Etappen vorliegen. Es klingt so simpel, und die Vorschläge liegen bereits auf dem Tisch: Die Politik muss die Empfehlungen der Beschleunigungskommission Schiene nur noch konsequent umsetzen. Parallel dazu ist der Sektor gefragt, ausreichend Fachkräfte zu rekrutieren und seine Leistungsfähigkeit zu steigern.